Tag 2 des Rock Hard Festivals 2013 begann schon um 12:45 Uhr mit SLINGBLADE, die auch zu dieser noch recht frühen Tageszeit auf ein bereits ordentlich gefülltes Amphitheater in Gelsenkirchen blicken konnten. Die Schweden kamen mit ihrem traditionellen Heavy Metal gut an, auch wenn der Gesang von Frontfrau Kristina Karlsson mir zu sehr leierte. Auf Platte klingt sie besser. Ebenfalls traditionell, aber mit Vintage Rock im Gepäck, kämpften anschließend HORISONT um die Gunst des Publikums. Die ebenfalls aus Schweden stammende Formation gefiel durch Spielfreude und eingängige Songs, die keineswegs veraltet wirken, sondern auf erfrischende Weise altmodisch sind. Der Festival-Samstag ging also schon mal gut los.
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Steigerung gefällig? Kein Problem, MUSTASCH katapultierten das Stimmungsbarometer mit ihrem Auftritt in ungeahnte Höhen. Wolken statt Sonne? Egal. Arschkalt? Kein Problem. MUSTASCH rockten los, als gäbe es kein Morgen, und nutzten wirklich jeden Millimeter der Bühne, inklusive der Lautsprecher am Sicherheitsgraben, um ihren Fans möglichst nah zu sein. Die Band hatte Spaß in den Backen, das war von der ersten bis zur hintersten Reihe auch ohne Video-Leinwände zu sehen. Gelsenkirchen feierte eine Riesenparty, ausgerichtet von der Hard Rockern aus Schweden – schon wieder Schweden. Nicht nur Eishockey-Weltmeister, sondern auch Stimmungskanonen im Rock-Segment…
Bei Monty Python würde man sagen: And now for something completely different… DESASTER. Die Koblenzer spielen einen derart rotzigen Black-Thrash-Metal-Mix, dass einem sofort das schwarze Herz aufgeht. Die DESASTER-Jungs sehen sich selbst als Fans, und erst in zweiter Linie als Musiker. Dass das kein hohler Marketing-Spruch ist, beweisen sie beim Rock Hard Festival 2013: Als einzige Band ehren sie den verstorbenen SLAYER-Gitarristen Jeff Hannemann, indem sie „Black Magic“ in einer herausragenden, bösartigen und wilden Version runterreißen – Klasse! Und trotz starkem eigenen Material aus über 20 Jahren Bandgeschichte traut sich die Truppe auch noch, „Tormentor“ von KREATOR zu covern. Und zwar viel schneller, als es die Mannen um Mille jemals gefiedelt hatten. Einfach geil und somit zu Recht von den Fans im Amphitheater bejubelt. .
Es blieb düster, doch statt mit der der schweren Streitaxt wie ihre Vorgänger fochten NAGLFAR mit dem Schwarzmetall-Florett. Die mittlerweile vierte schwedische Band des Tages um Sänger Kristoffer W. Olivius spielte technisch versierten Black Metal, der vor allem durch seine cleveren Songstrukturen sehr eigenständig war. Eigentlich hätten NAGLFAR schon 2007 beim Rock Hard Festival spielen sollen, konnten wegen eines Airline-Streiks aber nicht kommen. Gut, dass es 2013 geklappt hat, und dass NAGLFAR einen guten Sound abgemischt bekamen, durch den vor allem die tolle Gitarrenarbeit zu bewundern war. Mit Liedern aus alten Tagen und vom aktuellen Album „Téras“ boten die Schweden ein Best of ihres Schaffens und konnten damit die Stimmung weiter steigern. Doch damit was noch lange nicht Schluss…
Dass ENSIFERUM die Partylaune im Amphitheater noch mal steigern würden, war vorher schon klar. Dagegen würde keiner wetten, der die fidelen Finnen kennt. Dass sie es außerdem schaffen, pünktlich zum Auftritt die Sonne hervorzulocken, war dann doch überraschend. Aber es passte. Die Band brachte so viel gute Laune und Spielfreude mit, dass selbst verkaterte Metal-Muffel auf den hinteren Plätzen wieder zu wilden Wikingern mutierten. Basser Sami Hinkka war natürlich wieder der aktivste Musiker und wuselte über die ganze Bühne, außerdem nutzte er den leeren Sicherheitsgraben für eine Extrarunde, um den Fans besonders nah zu sein. ENSIFERUM reißen jedes Festival mit, das war beim Rock Hard 2013 nicht anders. .
Die Sonne schien auch bei D-A-D weiter, was nur angemessen ist. Die Spaßrocker aus Dänemark sind bekannt für ihre aufwändigen Shows, die humorvollen Ansagen und erstklassige Songs (allen voran „Sleeping my day away“, den sie natürlich spielten). Sänger Jesper Binzer hatte das Publikum sofort im Griff, seine Ansagen auf Deutsch kamen super an, weil der Mann einfach höchst sympathisch ist und sein Akzent so putzig rüber kommt, dass man einfach gute Laune kriegt. Auch nach dem 20. Mal „Verstehen Sie was ich sage? Ja? Das ist Liebe!“ freut man sich mit Jesper, die Menge klatscht und singt begeistert mit – was will man mehr? Pyroeffekte zum Beispiel. Gab es, meterhohe Flammensäulen ebenso wie Bassist Stig samt Feuerwerk auf dem Helm. Oder einen Schlagzeug-Stunt: Drummer Laust (laut Jesper der „Bürgermeister von Gelsenkirchen“) wurde samt Drumkit nach vorne geschoben und dann vornüber gekippt, während er sicher angegurtet weiter trommelte. Natürlich ließ Jesper seinen Bandkumpel eine Weile dort oben hängen, damit die Fans Laust gebührend feiern konnte. D-A-D waren zu Recht Co-Headliner am zweiten Tag und lieferten mein persönliches Highlight des Rock Hard Festivals 2013 ab. .
Der eigentliche Headliner von Tag 2 waren QUEENSRYCHE. Und zwar die ohne Geoff Tate. Statt des früheren Sängers hatten die Seattle-Metaller Todd La Torre von CRIMSON GLORY abgeworben, was sich als Geniestreich entpuppte. Als die Band ihr Set mit einer furiosen Version von „Queen oft he Reich“ eröffnete, klang sie wieder wie in früheren Jahren: Frisch, kraftvoll, voller Energie und Spielfreude und musikalisch perfekt. Todd klang wie der junge Geoff Tate und so, als sei er schon immer Teil von QUEENSRYCHE gewesen. So schade es für die genialen Power Metaller CRIMSON GLORY ist, so gut ist der Wechsel für QUEENSRYCHE-Fans. Ärgerlich war nur, dass während der ersten Songs kaum etwas von der Band zu sehen war, da jemand die schlaue Idee hatte, die Bühne kräftig einzunebeln und dann die Musiker von hinten zu beleuchten. Wer etwas weiter von der Bühne entfernt stand oder saß – und das galt nun mal für die meisten der etwa 7.500 Zuschauer – sah über weite Strecken nur schemenhafte Gestalten. Musikalisch gab es aber rein gar nichts zu meckern, die Songauswahl mit Klassikern wie „Speak“ oder „Take hold of the flame“ war super und das Auftreten der Band wirkte wie eine gewachsene Einheit, nicht wie ein zusammengewürfelter Haufen. QUEENSRYCHE vs. Geoff Tate 1:0 – mal sehen, wie die Gerichte darüber entscheiden, wer den klangvollen Namen künftig benutzen darf.